Delegiertenversammlung

Viel in Bewegung: IG Metall Cottbus packt Herausforderungen aktiv an

28.06.2024 | Die aktuelle Lage in den Betrieben der Region, die Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie und die bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg standen am 27. Juni im Zentrum der Delegiertenversammlung der IG Metall Cottbus. Auch die geplante Leag-Dienstleister-Konferenz im September war Thema.

Bei ihrer Delegiertenversammlung nahmen die Delegierten der IG Metall Cottbus aktuelle Themen in den Blick. Fotos: Jasper Kortmann

Holger Wachsmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Cottbus, stellte zu Beginn den aktuellen Geschäftsbericht vor.

Renè Adler, SIK-Betriebsratsvorsitzender, berichtete über die Entwicklung in Sachen Sonderfallregelung beim Leag-Dienstleister.

Uwe Heuer, Mitglied der bezirklichen Tarifkommission für die Metall- und Elektroindustrie, brachte die Delegierten auf den aktuellen Stand in der Tarifrunde, die nach den Sommerferien in die heiße Phase geht.

Den Auftakt der Versammlung machte Holger Wachsmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Cottbus, mit dem aktuellen Geschäftsbericht. „Finanziell sind wir stabil aufgestellt und auch die Mitgliederentwicklung zeigt einige positive Aspekte“, erklärte Wachsmann. „Wir haben im ersten Halbjahr einige Neuaufnahmen zu verzeichnen, allerdings auch einige Abgänge langjähriger Mitglieder.“ Ziel sei es deshalb, vor und während der kommenden Tarifrunden nicht nur neue Kolleginnen und Kollegen für die IG Metall Cottbus zu begeistern, sondern auch mehr Anstrengungen in das Rückholmanagement zu investieren.

„Wir werden Austritte künftig nicht einfach nur verwalten und hinnehmen, sondern versuchen, mit den austrittswilligen Mitgliedern ins Gespräch zu kommen und mehr über ihre Beweggründe zu erfahren.“ Oft, so Wachsmann, steckten da Missverständnisse hinter, die zum Beispiel in der Unzufriedenheit mit dem Arbeitgeber liegen, aber der IG Metall – häufig aus Unkenntnis – zugeschrieben würden. Er appellierte auch an die Delegierten, sich beim Thema Rückholung aktiv einzubringen und die Nähe zu ihren Kolleginnen und Kollegen für ein motivierendes Gespräch zu suchen. Schließlich „ist eine mitgliederstarke IG Metall im Betrieb kein Selbstzweck, sondern entscheidend für die Konfliktfähigkeit der Mannschaft, bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen“, so Holger Wachsmann.

Aktuelle Lage in den Betrieben der Region
Licht- und Schattenseiten offenbarten auch die sich anschließenden Berichte aus den Betrieben der Region.

Zahlreiche Aktivitäten gab es in den vergangenen Monaten auch bei SIK in Peitz. Der Arbeitgeber hatte darum gebeten, bereits vor Auslaufen der Sonderfallregelung Ende 2024 über deren Verlängerung zu verhandeln. Dazu hat sich die innerbetriebliche Tarifkommission mit einer Klausur im Mai auf die bevorstehende Tarifrunde vorbereitet und auch schon das erste Auftaktgespräch durchgeführt. Da SIK dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie Berlin-Brandenburg angehört, gelten für die rund 270 Beschäftigten eigentlich die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie. Die Sonderfallregelung erlaubt eine Abweichung von der Fläche, damit sich das Unternehmen aufgrund der derzeitigen Rahmenbedingungen im Markt neu aufstellen kann. „Wir arbeiten bereits seit sechs Jahren unter dieser Sonderfallregelung, in der die Beschäftigten einen nicht unerheblichen finanziellen Beitrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage geleistet haben“, berichtete René Adler, SIK-Betriebsratsvorsitzender, den Delegierten. „Wir sind bereit, mit dem Arbeitgeber über eine Fortführung zu verhandeln, weil die Lage am Markt gerade ist, wie sie ist. Klar ist aber auch, dass wir uns nicht noch weiter von der Fläche abhängen lassen wollen.“ Auf den bereits durchgeführten Mitgliederversammlungen galt es,  die Stimmung der Kolleginnen und Kollegen einzufangen, um diese mit an den Verhandlungstisch zu nehmen und das gemeinsame weitere Vorgehen zu vereinbaren.

Die Beschäftigten des Anlagenbauers FAM bekommen mehr Geld. Holger Wachsmann berichtete den Delegierten, dass ein gestiegener Organisationsgrad beim Anlagenbauer zu einem neuen Entgelttarifvertrag geführt hat. In zwei Schritten gibt es für die 97 Kolleginnen und Kollegen mehr Geld: 5,5 Prozent ab 1. Januar 2025 und noch einmal 4,0 Prozent ab 1. Januar 2026. Auch in diesem Jahr gehen die Beschäftigten nicht leer aus. Sie erhalten 2024 eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1300 Euro.

Eine neue Entwicklung konnte Jörn Homuth, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Cottbus, aus dem Spreewerk Lübben vermelden. Das Unternehmen, das zum Jahresbeginn noch vor der Schließung stand, hat mit Tauber Kampfmittelräumung einen neuen Eigentümer, der Betrieb geht weiter und steigt wieder in die „Delaborierung“, den Rückbau von „neuzeitlicher Munition“ ein. Eine Mitgliederversammlung im Spreewerk ist für Juli geplant.

Unmut macht sich derzeit bei Wolffkran in Luckau breit. Der Arbeitgeber hat ein einseitiges Rauchverbot im gesamten Betrieb verhängt. Der Betriebsrat wehrt sich gegen ein derartiges Vorgehen. Der Verdacht liegt nahe, dass „das Rauchverbot eine Art Nebelkerze ist“, erklärte Jörn Homuth. „Der Arbeitgeber sorgt an einer Stelle für Unruhe und schafft derweil an anderer Stelle Tatsachen, indem er Bereiche schließt und Beschäftigung abbaut.“ So geschehen in Heilbronn.

Leag-Dienstleister-Konferenz am 10. September
Die Leag wird in der Lausitz als eine Art „Leuchtturm der Transformation gefeiert“, sagte René Adler. „Die Lasten Transformation dürfen aber nicht einseitig auf dem Rücken der Dienstleister ausgetragen werden, die völlig aus dem Fokus gerückt sind.“ Das soll sich nun ändern. Die IG Metall plant – gemeinsam mit der Schwestergewerkschaft IGBCE und mit „Revierwende“ – am 10. September eine Dienstleister-Konferenz, um deren Lage „stärker in den Fokus zu rücken. Denn auch die Dienstleister der Leag stehen angesichts der Energiewende und des Kohleausstiegs vor großen Herausforderungen und einer notwendigen Transformation“, so Wachsmann.

Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie
Uwe Heuer, Mitglied der bezirklichen Tarifkommission (Tako) für die Metall- und Elektroindustrie in Berlin-Brandenburg, brachte die Delegierten auf den aktuellen Stand der Tarifrunde. Die Tako ist der Forderungsempfehlung des Vorstands gefolgt und hat eine Forderung von 7 Prozent mehr Geld sowie eine überproportionale Anhebung der Auszubildendenvergütung beschlossen. Außerdem soll eine soziale Komponente verhandelt werden, „in welcher Form werden die Verhandlungen zeigen“, so Uwe Heuer. 

Die heiße Phase der Tarifrunde läutet die IG Metall in Berlin, Brandenburg und Sachsen nach den Sommerferien mit dem bezirklichen Tarifauftakt in Potsdam ein. „Ziel ist es, den Arbeitgebern dort am 14. September ein erstes starkes Zeichen unserer Stärke zu demonstrieren“, warb Heuer für die Teilnahme am Tarifauftakt.

Nach der Tarifrunde ist geplant, in detailliertere Diskussionen zur Stärkung der unteren Entgeltgruppen zu gehen. „Ziel der Diskussionen ab Januar sind Lösungsansätze zu entwickeln, mit denen die IG Metall in zukünftige Tarifrunden geht“, berichtete Uwe Heuer aus der Tako.

Landtagswahlen
Auch die bevorstehenden Landtagswahlen beschäftigten die Delegierten. Um einen weiteren Rechtsruck zu vermeiden, wie es ihn bereits Anfang Juni bei der Europawahl gegeben hat, sei es wichtig, inhaltlich zu argumentieren, betonte Wachsmann. Rechte Parteien passten nicht nur nach Satzung nicht zum Weltbild und den Werten der IG Metall, „sie sind auch mit den Zielen der Arbeitnehmerschaft nicht vereinbar, weil deren Parteiprogramme wirtschaftlich verhängnisvolle Konsequenzen hätten“, erklärte Holger Wachsmann. „Einfache Lösungen, wie rechte Parteien sie populistisch in die Runde werfen, funktionieren nicht. Dafür sind die Themen zu komplex.“ Deshalb sei eine Auseinandersetzung um die Inhalte unumgänglich, das allerdings erfordere Zeit und sei „nicht mal eben so nebenbei zu machen“.

Wachsmann sieht auch die regierenden Politikerinnen und Politiker in der Verantwortung, Politik „nicht gegen die Menschen zu machen, sondern sie mitzunehmen“. Er rief die Delegierten auf, auch mit der Politik in die Diskussion zu gehen. Eine Möglichkeit dazu besteht am 1. Juli bei der DGB-Veranstaltung „Grill’n Talk“, wenn sich die beiden CDU-Politiker des brandenburgischen Landtags Dr. Jan Redmann und Professor Dr. Michael Schierack den Fragen von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern in Cottbus stellen. Mehr Informationen dazu gibt es beim DGB – Region Südbrandenburg-Lausitz.

JAV-Wahlen im Herbst
Abschließend wies Holger Wachsmann auch noch auf die Wahlen der Jugend- und Auszubildendenvertretung im Herbst und deren Bedeutung für die zukünftige Mitbestimmung in den Betrieben der Region hin. Da, wo Betriebe JAV-fähig seien, sollten auch Wahlen stattfinden, „aus dem Nachwuchs rekrutieren sich schließlich künftige Betriebsräte“.

Von: kk

Unsere Social Media Kanäle